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Wirdum: ein "Wurtendorf"

Im Osten von Groningen, einer Gegend die schon in prähistorischer Zeit besiedelt war, ist die Landschaft geprägt durch Wurten. Das sind künstliche Erdhügel, die zwischen 1000 und 500 v. Chr. als Schutz vor Überschwemmungen angelegt wurden. Bauernhöfe und Häuser wurden oft auf diesen Hügeln zusammen mit der Dorfkirche gebaut, wodurch eine so genanntes "Wurtendorf" enstand.
Wirdum ist ein solches Dorf, auf zwei Hügeln gebaut und durch die Wirdumer Maar getrennt. Die Kirche ist auf dem größeren Hügel gelegen (einer der höchsten in Groningen) und wird durch den alten Ortskern umgeben.

Die Kirche.

Die ehemalige Reformierte Kirche von Wirdum stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist im romanischen Baustil erstellt. Die Fläche der glatten Wand dominiert.
Im Mittelalter gab es Türen in den langen Mauern der Kirche, eine für die Männer auf der Nordseite und eine für die Frauen an der Südseite. Im Inneren findet man noch Fresken aus dem frühen 15. Jahrhundert.
Ursprünglich hatte die Kirche einen Turm mit Satteldach auf der Westseite, der aber im Jahre 1878 abgerissen wurde. An der Aussenseite der Westwand sind heute noch Reste dieses Turms zu sehen. Bei der Restaurierung von 1959 bis 1961 wurde ein kleiner hölzerner Reiter auf das Kirchendach gesetzt. Seit der Sanierung wird die flache blaue Holzdecke durch farbenfroh verzierte Querbalken unterstützt. Die Kirche verfügt auch noch über einige Einrichtungsgegenstände aus dem 17. Jahrhundert. Im Jahr 1981 wurde die Kirche der Stichting Oude Groninger Kerken übertragen, einer Stiftung, die sich der Erhaltung alter Kirchen in der Groninger Provinz widmet.

Die Orgel.

Über den Erbauer.

Der erste van Oeckelen, der nachweislich als Orgelbauer arbeitete, hieß Cornelis Van Oeckelen (1762-1837). "mr. orlogiemaker" (Herr Uhrmacher) wurde später "Uhrmacher, Orgel-und Klavierbauer" und Ladenbesitzer genannt. Als Orgelbauer war Cornelis in der Zeit von 1821 bis 1828 tätig.

Im Jahre 1878 ist die Orgelbau-Werkstatt weiterhin unter dem Namen Petrus van Oeckelen und Söhne bekannt.
Im Jahre 1918 wird das Familienunternehmen, das seit drei Generationen Orgeln gebaut hat, mit dem Tod von Antonius van Oeckelen geschlossen.

Petrus van Oeckelen (1792-1878) kann sicherlich als eine ausserordentliche Persönlichkeit angesehen werden - er war erfolgreich, hatte keine Scheu vor geschäftlichen oder musikalischen Neuerungen und war sehr ausdauernder Natur. Er verlegte seine Werkstatt in die Provinz Groningen, um sich einen Platz im Musikleben der Stadt zu erarbeiten.
Sowohl in Quantität als auch in Qualität gehörte van Oeckelen zu den größten Orgelbauern des 19. Jahrhunderts. Obwohl man auf sein Werk, ebenso wie auf das vieler seiner Zeitgenossen, oft herabsah, findet es nun immer mehr Anerkennung. Seine Instrumente haben ihre Dauerhaftigkeit in den letzten 150 Jahren bewiesen, und ihr Klang wird heute wieder sehr geschätzt. Insbesondere die Viola di Gamba, eine der Spezialitäten des Hauses, wurde vielfach gelobt.

Bau der Orgel

Die Kirchenbücher von 1879 belegen, dass die Orgel für eine Preis von 1400 Gulden von P. Van Oeckelen und Söhne geliefert wurde "T Orgel geheel klaar geleverd" (vollständig und eindeutig).
Bei dem Bau der Orgel wurden von van Oeckelen anscheinend Materialien (Windladen und Pfeifen) aus einer älteren Orgel von 1845 wiederverwendet. Die Tastaturen stammen aus dem Jahre 1879. Die Registerknöpfe sind in einer horizontalen Reihe über dem Notenpult angeordnet, die Registernamen auf Porzellanschildchen (1969 erneuert) sind auf den Registerzügen angebracht. Die Tasten aus Eichenholz sind mit Elfenbein und Ebenholz belegt, die Elfenbeinplättchen der Untertasten sind mit kleinen Holznägeln befestigt. Der Balg des Windreservoirs hat eine einzige Falte.

Der Orgelprospekt ist in fünf Sektionen um einen zentralen runden Mittelturm aufgebaut. Zwischen dem leicht erhöhten Mittelturm und den zwei niedrigeren flankierenden Seitentürmen finden sich jeweils zwei übereinander angeordnete Flachfelder. Die Anordnung der Pfeifenlabien der Flachfelder entsprechen sich umgekehrt: so wie die Pfeifenmünder der unteren Felder abfallen, so steigen die der oberen Felder an. In den oberen Feldern steigen sie stärker an als die der Pfeifen im Mittelturm. Der Sockel des Mittelturms ist mit charakteristischen Muscheln verziert, die Pfeifenfelder oben mit geschnitzten Efeuranken und unten mit einfachen Pflanzenformen.
Die ursprünglich vorhandenen Flügeltüren wurden bei der Restaurierung von 1961 entfernt.

Vom Pfeifenwerk wurden der Bass des Bordun 8' und das Diskant-Register Violoncel 16' im Jahre 1879 neu erstellt, die restlichen Pfeifen stammen weitgehend aus einer älteren Orgel von 1845, wurden aber um einen Halbton verschoben und ergänzt (Sichtbar an den Stimmeinrichtungen). Im Prospekt stehen E-h von Prestant 8'. Die Pfeifen C-H von Bourdon 8' sind aus Eichenholz. Die tiefste Oktave von Viola di Gamba ist mit dem Bordun 8' zusammengeführt. Die Quint 3' ist im Bass gedackt und hat Flötenmensur, während im Diskant Prinzipalmensur verwendet wird. Die Woudfluit 2' ist von C-f konisch, ab fis dann offen zylindrisch.

Stimmschlitze sind an folgenden Pfeifen angebracht: Violoncel 16' (c-cis), Prestant 8' (C-h), Viola di Gamba 8' (ab c), Octaaf 4' (C-cis), Woudfluit 2' (C-Dis).

Historische Details.

1879 - Fertigstellung der Orgel.
1961 - Ornamente und Registerknöpfe werden aus der Orgel zur Überholung während der Restaurierung der Kirche entfernt.
1962 - Restaurierung der Orgel durch D. Mulder; Orgelgehäuse wird cremefarben lackiert, Handschöpfer mit Hebel werden entfernt. Der Winddruck wird auf 65 mm WS reduziert.
???? - Orgelgehäuse wird dunkelgrün lackiert.
1995 - Der Orgelbauer Van der Putten erstellt ein Gutachten über das Instrument und beschreibt, was alles notwendig ist, um die Orgel wieder zuverlässig spielbar zu machen.
1999 - Die eigentliche Restaurierung beginnt. Die Windladen werden ausgebaut und restauriert. Die Tastaturen und Traktur werden überholt. Alle Undichtigkeiten werden beseitigt, die Pfeifen neu installiert und die wichtigsten Intonationsprobleme behoben. Der Winddruck beträgt immer noch 65 mm WS. Die Orgel wird gleichswebend gestimmt.
2001 - Die Orgelkommission der "Stichting Oude Groninger Kerken" und deren Berater Stef Tuinstra waren anscheinend mit dem Klang des Instrumentes nicht zufrieden. Es scheint, dass D. Mulder zu viele Änderungen vorgenommen hat. Nach einigen Tests wird der Winddruck jetzt auf 85 mm WS festgelegt. Außerdem wird ein neues Gebläse installiert. Die Intonation wird dem neuen Winddruck unter Vergleich mit anderen van Oeckelen Orgeln aus dem gleichen Entstehungszeitraum in Westeremden und Niekerk angepasst.
2002 - Die Orgel wird nach der Wiederherstellung des ursprünglichen Winddrucks wieder in Gebrauch genommen.

Die Orgel in Wirdum ist ein typisches Beispiel für eine niederländische Dorforgel - klein aber schön. Das Instrument kann durchaus verwendet werden, um darauf "kleine Orgel-Literatur" wie z.B. von C. PH. E. Bach, Mozart, F.X. Schnizer mit sehr zufriedenstellenden Klang darzustellen. Der Nachhall ist nicht sehr groß und unterstreicht die intime Atmosphäre einer "Dorforgel".

Technische Details

Ein Manual mit angehängtem Pedal.
Disposition: 7 Register: Violoncel 16', Prestant 8', Bourdon 8', Viola di Gamba 8', Octaaf 4', Quint 3', Woudfluit 2'.
Zubehör: "Windlosser", "Nihil" (Registerzug ohne Funktion)
Stimmton: a = 440 Hz.
Temperament: Gleichswebend.
Manual Bereich: C-f'''
Pedal Bereich: C-a
Winddruck: 85 mm
Spieltischposition: an der linken Seite der Orgel

Quellen:
St. Oude Groninger Kerken
St. Groninger Orgelland
Orgelbauwerkstatt van der Putten
Mit Dank an Annemieke Woldring, Kees Kugel und Winold van der Putten
  Hauptwerk.nl ist eine Initiative von Sygsoft Holland. KvK 24400165. Letzte Änderung 06-01-2014